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Bahnplan Ost-Friesland
VEJ prüft Reaktivierung von Bahnstrecken
Zur Erreichung der Klimaschutzziele soll der öffentliche Personenverkehr (ÖPV) in seinem Leistungsangebot und seiner Attraktivität ausgebaut werden. Rückgrat des ÖPV ist in der Regel der Schienenverkehr. Auf der ostfriesischen Halbinsel sind allerdings große Teile der Region mit der Bahn nicht erreichbar. Zahlreiche Bahnstrecken, die hier einmal existierten, wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte stillgelegt und zum Teil abgebaut.
„Um die Ziele der Verkehrswende zu erreichen, können Reaktivierungen von Schienenstrecken einen erheblichen Beitrag leisten“ führt der Vorsitzende der Verkehrsregion Ems-Jade (VEJ), der Wittmunder Landrat Holger Heymann aus. „Eine Schienenstrecke ist auch immer ein wichtiger Standortfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung für eine Stadt und eine Region.“
Die VEJ hat deswegen untersuchen lassen, welche der früheren Bahnstrecken für eine Reaktivierung infrage kommen. Darüber hinaus wurden Überlegungen zu neuen Bahnverbindungen angestellt.
Zentrale Punkte der Untersuchung, die BPV Consult aus Koblenz durchführte, waren die Anbindung der Küste und die Erschließung des mittleren Ostfrieslands. „Die Anbindung der Küste mit ihren Fährhäfen zu den vorgelagerten ostfriesischen Inseln an den Bahnverkehr ist aus touristischer Sicht von herausragender Bedeutung“ erklärt Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Von den Fährhäfen sind zurzeit nur Emden Außenhafen und Norddeich Mole mit den Inseln Borkum, Norderney und Juist an das Bahnnetz angebunden. Die Fährhäfen Neßmersiel, Bensersiel, Neuharlingersiel und Harlesiel mit den Inseln Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge haben keine Bahnanbindung.
Aurich ist die einwohnermäßig größte Stadt in Niedersachsen ohne Schienenpersonenverkehr. Es sollte untersucht werden, ob eine Bahnanbindung in östliche Richtung (Esens, Wittmund), nach Süden (Leer) oder nach Emden realistisch ist. Eine weitere Erschließung der Region gab es früher im Südkreis des Landkreises Friesland mit der Bahnstrecke Varel – Bockhorn – Zetel. Hier sollte geprüft werden, ob eine Reaktivierung der Strecke Sinn macht.
BPV hat inzwischen seinen Bericht zum Bahnplan Ost-Friesland fertiggestellt. Dabei wurden die Strecken der sogenannten Neubaustufe I am besten bewertet und empfehlen sich deshalb als erste für die weiteren Schritte zur Reaktivierung, z. B. durch die Einleitung eines Projektdossierverfahrens. Dieses bietet nach Auffassung von BPV eine erste gute Prognose und Orientierung über die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen im öffentlichen Personenverkehr.
Mit oberster Priorität ist dabei die Reaktivierung der Strecke zwischen Aurich und Abelitz anzugehen, welche die Bahnanbindung der Kreisstadt Aurich an Emden sicherstellt und damit rund 56.600 Einwohner neu mit der Bahn erschließt. Nahezu ebenso prioritär ist die Strecke zwischen Norden und Esens zu betrachten, wobei in einer Variantenuntersuchung zu untersuchen wäre, ob diese Trasse besser über Bensersiel zu führen wäre oder jeweils Direktverbindungen mit Esens zu bevorzugen wären. Neben der entstehenden Netzwirkung spielt hier die touristische Bedeutung eine große Rolle. Auch für die ca. 8.700 Einwohner entlang der Strecke würde die Küstenbahn für einen Zugewinn an Mobilität sorgen. Als dritte prioritäre Verbindung gilt die Anbindung von Zetel an das Bestandsnetz in Varel, die ca. 20.900 Einwohner erschließen würde.
Die Durchführung von Projektdossierverfahren ist als erste Stufe für eine spätere Nutzen-Kosten-Untersuchung zu sehen, um einen ersten Überblick über die erforderlichen Fahrgastzahlen zu erhalten. Es bedeutet ein aufwandsminimiertes Auswahlverfahren für die spätere Standardisierte Bewertung.
„Die VEJ-Gesellschafterversammlung hat beschlossen, solche Untersuchungen für die Strecken ‚Norden – Esens – Bensersiel‘ und ‚Varel – Zetel‘ in Auftrag zu geben“, berichtet VEJ-Geschäftsführer Tilli Rachner. Für die Verbindung Aurich – Abelitz plant der Landkreis Aurich eine Umsetzungsstudie zu beauftragen.